Die Freude von Dirk C. Fleck und Jens Lehrich über das Wiedersehen bei “Hambürger Spezial” war groß. Ursprünglich wollten sie das Format aufgeben, inzwischen kommen sie (wenn auch unregelmäßig) alle paar Monate zusammen. Doch wohin ihr Gespräch führen wird, das wissen sie nicht.
Dieses Mal geht es um die Faszination des Lebens, aber auch um die Versprechungen des Todes, der in den hyperbeschleunigten Zivilisationen der Moderne keinen Platz zu haben scheint und wie ein Tabu behandelt wird. Vielleicht liegt darin auch eine Erklärung für die emotionale Schieflage, die unzählige Menschen zu umklammern scheint. Dabei ist der Tod eine banale Selbstverständlichkeit und vielleicht die einzige Konstante in dieser Welt, die zwischen Realität und Fiktion zu taumeln scheint.
Der Tod ist allgegenwärtig und als unberechenbarer Störfaktor der ökonomischen Abläufe ohnehin politisch. Und selbstverständlich ist der Gevatter statistisch: Jede Sekunde sterben etwa zwei Menschen irgendwo auf dem Planeten (1). Sie verhungern, verdursten, werden überfahren, erschossen, springen aus dem Fenster oder vor einen Zug, bekommen einen Herzinfarkt, erleiden einen Schlaganfall, verenden an Krebs oder fallen von einer Leiter und brechen sich den Hals.
Jede Stunde löscht der Tod so viele Leben aus, wie in einer europäischen Kleinstadt zu finden sind; für die Bevölkerung einer Großstadt bräuchte er theoretisch zwei oder drei Tage. Das theoretische Momentum ist das Gute an der unschönen Sache; der Tod ist zügellos, aber nicht völlig wahllos. Er fordert zwar überall früher oder später Tribut ein, doch oft genug ist er mit den alten Blättern zu frieden.
So bunt ist der Tod, so viele Gesichter hat er zu bieten, dass es fast unmöglich erscheint, alle Arten zu benennen, die dem Dasein ein Ende setzen. Nur eines scheint verbindlich: Beginnt das Leben, ist das Ende beschlossene Sache. Jeder wechselt irgendwann vom Diesseits ins Jenseits.
Doch selbst das, was wir nach dem Schlussakkord des Lebenswerkes beschreiben als endgültiges Versagen aller lebenserhaltenden Funktionsabläufe, versprüht lediglich den Charme von Verbindlichkeit. Finden die Hebel der Evolution, die in der Natur wirkenden Mutations- und Selektionsprozesse, Berücksichtigung in den Betrachtungen, könnte der Tod gar verhindern, dass es mit dem Leben zu Ende geht (2).
Anmerkungen zum Format
Das Unvollkommene ist auch das Besondere an dem Format: noch bis kurz vor dem Dreh wissen beide Protagonisten nicht, worauf das Gespräch hinauslaufen wird. Es geht ausschließlich darum, sich gegenseitig berührende und wahrhaftige Geschichten zu erzählen, weitab von geplanten politischen Konzepten oder Ideologien. Mensch sein und Mensch sein dürfen: So gedeiht die Salon-Freundschaft vor laufenden Kameras. Wie immer freuen sich die beiden Moderatoren über konstruktive Kommentare der Community, gerne auch mit eigenen ergänzenden Geschichten aus Eurem Leben. Alle Folgen sind auf YouTube (Link: https://www.youtube.com/c/ahundredmonkeys-de/featured) abrufbar.
Quellen und Anmerkungen
(1) Globometer: Zahl der Todesfälle in der Welt. Auf https://de.globometer.com/todesfaelle-welt.php (abgerufen am 26.8.2022).
(2) Spektrum (8.4.2013): Der Tod verhindert, dass es mit dem Leben zu Ende geht. Anmerkungen zu einer naturalistischen Prognose. Auf https://scilogs.spektrum.de/landschaft-oekologie/der-tod-verhindert-da-es-mit-dem-leben-zu-ende-geht-anmerkungen-zu-einer-prognose-des-szientifischen-naturalismus (abgerufen am 26.8.2022).

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Foto und Video: Peter Herrmann (Unsplash.com) und Jens Lehrich
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