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Meinung

Der Meister aus Deutschland

Barbaren waren in Germanistan immer gut angesehen. Ja, sie wurden sogar von Historikern verherrlicht und bekamen Denkmäler.

Nun schlagen sie wieder zu: die Meinungsmakler und prämierten Propagandisten. Nie war es gut. Immer konnten sich in Deutschland die Dunkelmänner gut einrichten und ohne große Einwände Dinge von sich geben, die vielem trotzten. Dem Anstand, der Moral, den guten Sitten, den Gesetzen und allen Formen des Rechts, dem Respekt und allem, was die Zivilisation ausmacht. Geschenkt!

Barbaren waren in Germanistan immer gut angesehen. Ja, sie wurden sogar von Historikern verherrlicht und bekamen Denkmäler.

Im Gegensatz dazu sind diejenigen, die sich um den Zusammenhalt einer Gesellschaft sorgten, die sich für eine Gesinnung und Haltung einsetzten, die den Namen verdiente, für die Toleranz kein leeres Wort war, die sich gegen den Krieg wandten und sich für die Verständigung der Völker einsetzten, sie wurden des Landesverrats bezichtigt, sie wurden als dumm bezeichnet oder als Komplizen feindlicher dunkler Mächte.

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Sie wurden verfolgt und ihrer Freiheit beraubt und immer wieder totgeschlagen. Der Tod, das wissen wir, seitdem es ein Landsmann im heute ukrainischen Czernowitz geschrieben hatte, der Tod ist ein Meister aus Deutschland. (1)

Macht euch nichts vor. Es wird nie gut, und der Versuch, der endete immer, und da steht Thomas Mann im Wort, in der Verschlimmerung, und zwar jenseits des Vorstellbaren. Das erhobene Haupt des Sektierers hat noch nie zum Guten geführt.

Und das ist die traurige Bilanz, wieder setzen die von sich so Überzeugten alle Hoffnung in ihre technologisch so begehrten Todes- und Höllenmaschinen. Die Kreuzfahrer mögen es sich auf ihre Arme tätowieren lassen, auf dass sie es nie vergessen. Es bleibt dabei: Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.

Gewehre und Kanonen

Ja, es existierte auch immer noch eine andere Weisheit. Sie zeigte sich dann als Möglichkeit, wenn diejenigen, die ansonsten zu Tod oder Exil verurteilt waren, sich ihrem Schicksal nicht hingaben, sondern sich dazu entschlossen hatten, der Strömung die Stirn zu bieten. Sie hatten das Motto verfolgt, das Bertolt Brecht den Pariser Kommunarden in den Mund gelegt (2) hatte:

“In Erwägung, daß ihr uns dann eben

mit Gewehren und Kanonen droht,

haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben

mehr zu fürchten als den Tod.”

Das ist das Konzept, was sich bereits hinter den schlesischen Webern verborgen hatte. Alt-Deutschland, wir weben dein Leichentuch. Wir weben, wir weben, wir weben.

Die deutsche Krankheit

So grausam für viele das gegenwärtige Szenario auch sein mag: Es ist Gewissheit, dass sich nichts geändert hat und dass da plötzlich gleich einem Geschwür die alten, längst überwundenen geglaubten Ressentiments wieder aufgeplatzt sind. Der Imperialismus, der Rassismus, die Intoleranz, die systematisch betriebene Volksverdummung, die Unterschlagung von unbequemen Wahrheiten, die Militarisierung, die Kriegsbegeisterung, der Dogmatismus und das Wahnhafte.

Sich von dieser in erster Linie deutschen Krankheit zu befreien, wird nur mit einer radikalen Kur gelingen. Das Leichentuch für das alte Deutschland, das von dem Osama bin Laden seiner Zeit, sprich Herrmann der Cherusker (3) über die Nationalsozialisten bis zu den heutigen Kriegspredigern und Erlösungssektierern reicht, muss radikal bekämpft werden. Da helfen keine Reformen und da hilft auch keine Beteuerung, man meine es doch gut.

Das Böse gehört zur Genealogie dieses Gebräus, in welcher Form es sich auch immer präsentiert. Der Meister aus Deutschland hat eine facettenreiche Garderobe, sein wahres Gesicht zeigt er jedoch immer im Krieg. Da kann er sich nicht mehr zurückhalten. Die Gier, den Tod zu potenzieren, zeigt sein wahres Gesicht.

Quellen und Anmerkungen

(1) Im dem Gedicht “Todesfuge” thematisiert der Lyriker und Dichter Paul Celan (1920 bis vermutlich 1970), ursprünglich Paul Antschel, die systematische Vernichtung der Juden.

1941 wurde seine Heimatstadt Czernowitz, die Hauptstadt der Bukowina, die heute in der Ukraine liegt, aber damals zum Königreich Rumänien gehörte und seit Mitte 1940 von Truppen der UdSSR besetzt war, von deutschen und rumänischen Einheiten besetzt. Celan und seine jüdische Familie kamen ins örtliche Ghetto. Seine Eltern wurde im Juni 1942 in ein Arbeiterlager deportiert. Celans Vater starb wenige Monate nach der Deportation an Typhus, seine Mutter wurde erschossen.

Celan selbst blieb im Ghetto von Czernowitz, kam dann aber zur Zwangsarbeit in ein Lager in der Walachei. Im Sommer 1944 eroberte die Rote Armee Czernowitz. Celan kehrte im Dezember des gleichen Jahres in seine Heimatstadt zurück, übersiedelte 1945 nach Bukarest und emigrierte 1947 über Ungarn nach Österreich.

Das Gedicht “Todesfuge” entstand zwischen 1944 und 1945. Darin heißt es u.a.:

(…) Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts

wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland

wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken

der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau …

– Paul Celan, aus: Todesfuge (1944/1945)

1948 ging Celan nach Paris, wo er 1970 starb. Sowohl die Umstände als auch das Datum seines Todes sind unklar. Vermutlich stürzte er sich am 20. April 1970 in die Seine, sein Leichnam wurde am 1. Mai 1970 aus dem Fluss geborgen.

(2) “Resolution der Kommunarden” ist ein 1934 von Bertolt Brecht verfasstes Gedicht. Es bezieht sich auf die Pariser Kommune und wurde in den Liedschatz der Arbeiterbewegung aufgenommen. Gedruckt erschien das Werk erstmals 1937 in Madrid. Das Gedicht ist verfügbar auf https://www.allthelyrics.com/de/lyrics/bertolt_brecht/resolution_der_kommunarden-lyrics-907697.html (abgerufen am 17.2.2023).

(3) Arminius (um 17 v. Chr. bis um 21 n. Chr.) war ein Fürst der Cherusker. Die antiken Quellen bieten nur wenige biografische Angaben, sodass das nachantike Bild des Fürsten vor allem durch die von Tacitus geprägte Formel “Befreier Germaniens” bestimmt ist. Im Jahre 9 n. Chr. führte Arminius ein germanisches Heer in den Kampf gegen drei römische Legionen (etwa ein Achtel des Gesamtheeres des Römischen Reiches) sowie Tross und Hilfstruppen.

In der sogenannten Varusschlacht wurde die römische Armee von der Germanen vernichtet. In Deutschland wurde die an Arminius als historische Person angelehnte Gestalt “Hermann der Cherusker” ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine nationale Mythen- und Symbolfigur und Teil des deutschen Gründungsmythos.

Dieses Arminius-Bild wurde in der Geschichtswissenschaft erst seit den 1970er Jahren von einer nüchterneren Betrachtungsweise langsam abgelöst. Arminius wurde seitdem von Teilen der Forschung als Anführer einer Revolte von germanischen Hilfstruppen in römischen Diensten angesehen.


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Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

4 Antworten auf „Der Meister aus Deutschland“

“altdeutschland wir weben dein leichentuch …”, es ist mal langsam wieder soweit, und nicht “wir” weben, sondern eigentlich schlimmer, die verhältnisse weben und wir mehr oder weniger passiv das ganze erleidend – ist aber eigentlich nicht schlimm, sondern gut, denn altes MUSS immer vergehen, damit -vielleicht nur- neues entstehen kann – DE in der heutigen form jedenfalls hat sich mehr und mehr überlebt, ist abgelebt, und instinktiv wissen/ahnen wir diese langsame auflösung auch, völlig egal, wie wir darüber denken und fühlen mögen – es ist halt “abschied”, absterben – und dass absterben kataklymisch abläuft, überrascht nicht, beispiel alternde sonnen

Gerade von der Friedensdemonstration des “Bündnisses für Frieden” am Alexanderplatz in Berlin zurück, möchte ich sagen: Der Tod WAR ein Meister aus Deutschland! Natürlich arbeit Mr.Global daran, den Kolonialismus zu erhalten, den Korporatis zu voranzubringen, die 99% in die Sklaverei zu bringen, aber die 99 % sind die 99%. Das geht nicht ewig schlecht.

Ein Essay, stilistisch wieder gekonnt, inhaltlich leider enttäuschend. (Was hat Sie wohl zu dieser Polemik und sachlichen Ungenauigkeiten veranlasst?)

‘Barbaren’ sind Stammes-Fremde; so waren die Roemer selbst die Barbaren der Griechen – und die Verherrlichung von fremden Feldherren oder Herrscher war z.B. gerade bei den Judäer frühste Tradition – solange diese fur die eigene Geschichte und Umstände nützlich waren (siehe Kyros).

Der Vergleich von Osama bin Laden mit Herrmann der Cherusker? – da fehlen die Worte!

‘Meister Tod’ ist ein machtbesessener Misanthrop und besitzt keine Nationalität. Er hatte eifrige Gesellen in allen Teilen der Welt. Die Deutschen darunter waren sicher besonders fleissig, praezise und effizient – gemäß ihrer Natur. Ihre Führer bestimmen weitgehend, ob diese Talente die besten Kanonen bauen, oder Autos, Verpackungsmaschinen oder Baukrane. Imperialismus und Kolonisation wurden mitnichten in Deutschland ‘erfunden’.

‘Volksverdummung und Militarisierung’ gehören zu den Privilegien von Regierungen und Politikern
in welchen der deutsche Philister, die woke Hirnseuche und eigenes persönliches Versagen eine tödliche Mischung ergibt. Es sollte klargestellt werden, dass die Anleitungen zu diesem Bellizismus genau von den Stellen kommt, die Deutschland seit Kriegsende pausenlos auf die Knie zwingen.

Ironischerweise ist diesen Drahtziehern entgangen, dass der Deutsche doch alle Anordnungen mit ‘meisterhafter’ Präzision und Hingabe erfüllt. Nach ‘dem Deutschen’ suchen Sie in Baerbock vergeblich. LOL

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