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Meinung

Politische Hygiene? Im Zynismus Weltklasse!

Immer wieder passieren neue Dinge, die den alten Schrecken schnell vergessen machen und die Nachbetrachtung in der Prioritätenliste nach unten verschieben.

Für verantwortlich Handelnde scheint die Schnelllebigkeit unserer Tage von großem Vorteil zu sein. Wer erinnert sich noch an die Worte des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn, nach dem Ende der Corona-Krise müssten wir uns wahrscheinlich viele Fehler vergeben. Oder wer hat noch die Worte der Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Ohr, die bei ihrem Amtsantritt davon sprach, der erste Schritt ihrer Aktivitäten müsse eine Evaluierung des desaströsen Abzugs der Streitkräfte aus Afghanistan sein? Wenige.

Und die, die das tun, sind bereits a priori, wie schon vorher auch, als unzurechnungsfähige Wirrköpfe stigmatisiert. Ja, immer wieder passieren neue Dinge, die den alten Schrecken schnell vergessen machen und die Nachbetrachtung in der Prioritätenliste nach unten verschieben.

Aufgrund der politischen Gravität der einzelnen Ereignisse, die nicht umsonst immer mit dem Wörtchen Krise überschrieben werden, sollten Nachbetrachtungen jedoch zur politischen Hygiene gehören.

Das letzte Kapitel

Das jüngste (Vor-)Beben in der Bankenwelt hat dieses Votum wieder eindrücklich bestätigt. Da waren Auswüchse zu beklagen, die an das Debakel aus 2008 und den folgenden Jahren nur zu gut erinnerten.

Die schmutzige, bankrottöse und hirnlose Devise des “Weiter so!” ist nicht dazu geeignet, irgendetwas zum Besseren zu bewegen. Das Festhalten an der alten Vorgehensweise heilt weder die Wunden, die das Handeln geschlagen hat, noch bietet es eine Alternative für die Zukunft.

Nichts wird besser. Ob Bankenkrise, ob Gesundheitssystem, ob Kriegspolitik – halt, Letzteres kann nie besser werden. Es handelt sich um einen Akt der Zerstörung, der nie etwas Vernünftigeres hat entstehen lassen. Und das ganze Ensemble von Marionetten und politischen Analphabeten marschiert in diesem Geiste mit.

Dieses letzte Kapitel der Krisenpolitik hat bisher eines sehr deutlich gezeigt: Die jetzigen Verantwortlichen haben aus der Geschichte nichts gelernt. Und hier, im Land der Erleuchteten, wagt das kaum mehr jemand zu formulieren. Da kann man froh sein, wenn es ein chilenischer Politiker über die Lippen bringt.

Ob Bankenkrise, ob Kriege um Ressourcen, ob Gesundheitspolitik: Es ist klar geworden, dass eine Analyse jedes einzelnen Debakels zu der Erkenntnis führen wird, dass die absolutistische Maxime nach Gewinn, die dem imperialen Vorbild jenseits des Atlantiks zur Sicherung der globalen Hegemonie als Ansporn völlig ausreicht, alles auslöscht, was unter der Chiffre der modernen Zivilisation zustande gebracht worden ist.

Mit Zynismus in den Ruin

Indem man mit Feindbildern das eigene Handeln legitimiert, selbst aber mit dem Teufel paktiert, wenn es sein muss, und nichts hinterlässt, was sich vorzeigen ließe, manövriert man die eigenen Kohorten in den Ruin.

Um diese Geschäfte zu führen, hat man sich früh genug gefügige Vasallen herangezüchtet, die alles machen, was aus der Strategiezentrale des Imperiums angeordnet wird. Das geht bis zum Hochverrat an den Interessen des eigenen Landes. Bejubelt wird das von den medialen Claqueuren, die mit den gleichen Methoden sozialisiert wurden wie die, über die sie berichten, als Feldzug für die Freiheit.

Sieht man genau hin, dann sind die Ideale von Freiheit und Menschenrechten noch nie so missbraucht und pervertiert worden. Bis zu den alten Netzwerken des europäischen Faschismus, ob im Jugoslawienkrieg und jetzt in der Ukraine, kooperiert ein ach so demokratisches Deutschland mit den Mordbuben aus der eigenen schmutzigen Vergangenheit, um nach eigenen Worten die Freiheit zu verteidigen. Diesen Zynismus und diese Unverfrorenheit wird niemand vergessen. Schließen wir versöhnlich: Im Zynismus ist dieses Land Weltklasse.

San Francisco 2018. (Foto: Cristofer Maximilian, Unsplash.com)

Alles beginnt mit dem ersten mutigen Schritt!

Journalismus hat eine Zukunft, wenn er radikal neu gedacht wird: Redaktion und Leserschaft verschmelzen zu einem Block – der vierten Gewalt. Alles andere ist Propaganda.

Foto: Megan Ruth (Unsplash.com)

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Eine Antwort auf „Politische Hygiene? Im Zynismus Weltklasse!“

Politische Hygiene? Im Zynismus Weltklasse!
Immer wieder passieren neue Dinge, die den alten Schrecken schnell vergessen machen und die Nachbetrachtung in der Prioritätenliste nach unten verschieben.

“Sieht man genau hin, dann sind die Ideale von Freiheit und Menschenrechten noch nie so missbraucht und pervertiert worden. Bis zu den alten Netzwerken des europäischen Faschismus, ob im Jugoslawienkrieg und jetzt in der Ukraine, kooperiert ein ach so demokratisches Deutschland mit den Mordbuben aus der eigenen schmutzigen Vergangenheit, um nach eigenen Worten die Freiheit zu verteidigen. Diesen Zynismus und diese Unverfrorenheit wird niemand vergessen. Schließen wir versöhnlich: Im Zynismus ist dieses Land Weltklasse.”

Das im Beitrag von Gerhard Mersmann ist nichts neue. Hier dazu meine Erlebnisse und meine Gedanken:

Die diktatorisch durchgesetzte, demokratische Verwaltung der Gesellschaft

Entsprechen unsere demokratischen Verhältnisse eher der klassischen Staatsformenlehre oder den Vorstellungen des Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der einmal feststellte: „Es ist dem Untertan untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“

„Demokratie“, sei eines der größten Schlagwörter des 20. Jahrhunderts gewesen, bemerkt Johannes Heinrichs in seinem „Demokratiemanifest“. Rückblickend könne es als das größte und zentrale Wort des vergangenen Jahrhunderts gelten, wie „Fortschritt“ für das 19. und „Aufklärung“ für das 18. Was dagegenspreche sei, „dass dieses Schlagwort ein bisher unerfülltes Versprechen geblieben ist, dass wir auch in den demokratischen Ländern allenfalls in einer Halbdemokratie leben.“ (Johannes Heinrichs – „Demokratiemanifest“ Steno Verlag München 2005)

Jede Bewegung sowohl in der Natur als auch in der menschlichen Gesellschaft und im Denken geschieht aus zu lösender Widersprüchlichkeit heraus. Diese gilt es herauszufinden, um Lösungen bewusst stimulieren zu können. Die kategorisch geforderte und diktatorisch durchgesetzte Art und Weise der Lebensführung innerhalb einer Menschengemeinschaft gilt als unvereinbar mit der demokratisch verwalteten Lebensgestaltung eines menschlichen Gemeinwesens. Eine „reine Diktatur“ beziehungsweise „reine Demokratie“ gibt es nicht, diktatorische und demokratische Prinzipien bestimmen immer tendenziös die Richtungen der Widerspruchs-, Konflikt- und Problemlösung.

Alle Handlungen eines Staates gehen, gleichgültig ob in einer Diktatur oder einer Demokratie, von der Regierung aus, die durch eine bestimmte Person, gesellschaftliche Gruppierung, Partei beziehungsweise von Lobbyisten oder Ähnliches unterstützt werden und das oft auch ohne die Verfassung und Gesetze zu beachten.

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