Die geostrategische Bedeutung der Ukraine ist immens und die ökonomische ist nicht zu unterschätzen. Dennoch ist das Land nur eine Figur auf dem großen Schachbrett des Imperiums.
Nichts von dem, was sich die neue Regierung vorgenommen hatte, konnte bis jetzt in Angriff genommen werden. Ganz im Gegenteil: Angesichts der militärischen Konfrontation zwischen Russland und einem mit dem westlichen Bündnis befreundeten Regime wurde vieles zur direkten Umkehr gebracht. Dass diese Wende zum Abgrund nicht einmal von den handelnden Akteuren beklagt wird, zeigt, wie deplatziert sie sind.
Unaufrichtigkeit ist ein Gift, das den Krieg begünstigt. Im Kleinen wie im Großen.
In anderen europäischen Kapitalen hat sich die Erkenntnis bereits durchgesetzt: Die jetzige Situation dokumentiert das komplette Scheitern der westlichen Außenpolitik,…
Afghanistan reiht sich in die bekannte und auf dem ganzen Globus anzutreffende ökonomische Abhängigkeit vom Westen ein. Diese Variante des Imperialismus wirkt, völlig egal, wer am Drücker ist.
Auf das Geschrei folgt die Routine: Die Lage in Afghanistan normalisiert sich. Die Taliban sind offenbar als Verhandlungspartner anerkannt, für die bisherige Regierung in Kabul und Präsident Aschraf Ghani, der geflohen ist, findet sich kein freies Feld mehr auf dem geopolitischen Schachbrett. Was sind die nächsten Züge?
Die Erkenntnis, dass Kriege im 21. Jahrhundert ungeeignet zur Lösung von Konflikten sind, wurde der Welt erneut betätigt. Auch Selbstmordattentäter oder bewaffnete Drohnen führen zu keiner Lösung. Aber wie geht es nun weiter?
Afghanistan ist eigentlich ein Lehrstück. Aber was geschieht, wenn sich Individuen wie Kollektive weigern, aus dem eigenen Scheitern die richtigen Schlüsse zu ziehen? Die Prognose ist einfach: Es wird nicht lange dauern und sie werden sich daran machen, die gleichen Fehler in einem anderen Zusammenhang zu wiederholen.
Bei der Sondersitzung des Bundestages zum Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Kabul vollendete sich die Metamorphose geopolitischer Handlungsziele und Machtinteressen zu einem Programm der Humanität; das rücksichtslose imperialistische Agieren wird zu einem Akt der Menschlichkeit umgedeutet.
Wenn sich die Zeiten und die Verhältnisse ändern, ruft die menschliche Psyche oft nach Trost aus der Vergangenheit. Das ist verständlich, helfen tut es nicht.
Die USA ziehen ihre Truppen aus Afghanistan ab, Menschen flüchten, die Trommel des Humanismus wird gerührt: Rettung der afghanischen Hilfskräfte vor den Taliban. So vollendet sich die große Ablenkung vom imperialistischen Handeln am Hindukusch.
Die USA ziehen ihre Truppen aus Afghanistan ab, Deutschlands Politikeliten scheinen bemüht, die Lücke zu schließen. Das macht Sinn: Wer sich in Großmachtfantasien suhlt, der begnügt sich nicht mit Streichhölzern, wenn er die Fackel in die Hand nehmen kann.