Angesichts der Rückkehr zur strategischen Konfrontation liefern die Ereignisse des 20. Jahrhunderts und der Kalte Krieg quasi einen Leitfaden für das Krisenmanagement im 21. Jahrhundert.

Angesichts der Rückkehr zur strategischen Konfrontation liefern die Ereignisse des 20. Jahrhunderts und der Kalte Krieg quasi einen Leitfaden für das Krisenmanagement im 21. Jahrhundert.
Nichts von dem, was sich die neue Regierung vorgenommen hatte, konnte bis jetzt in Angriff genommen werden. Ganz im Gegenteil: Angesichts der militärischen Konfrontation zwischen Russland und einem mit dem westlichen Bündnis befreundeten Regime wurde vieles zur direkten Umkehr gebracht. Dass diese Wende zum Abgrund nicht einmal von den handelnden Akteuren beklagt wird, zeigt, wie deplatziert sie sind.
Afghanistan reiht sich in die bekannte und auf dem ganzen Globus anzutreffende ökonomische Abhängigkeit vom Westen ein. Diese Variante des Imperialismus wirkt, völlig egal, wer am Drücker ist.
Auf das Geschrei folgt die Routine: Die Lage in Afghanistan normalisiert sich. Die Taliban sind offenbar als Verhandlungspartner anerkannt, für die bisherige Regierung in Kabul und Präsident Aschraf Ghani, der geflohen ist, findet sich kein freies Feld mehr auf dem geopolitischen Schachbrett. Was sind die nächsten Züge?
Die Erkenntnis, dass Kriege im 21. Jahrhundert ungeeignet zur Lösung von Konflikten sind, wurde der Welt erneut betätigt. Auch Selbstmordattentäter oder bewaffnete Drohnen führen zu keiner Lösung. Aber wie geht es nun weiter?
Bei der Sondersitzung des Bundestages zum Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Kabul vollendete sich die Metamorphose geopolitischer Handlungsziele und Machtinteressen zu einem Programm der Humanität; das rücksichtslose imperialistische Agieren wird zu einem Akt der Menschlichkeit umgedeutet.
Die USA ziehen ihre Truppen aus Afghanistan ab, Menschen flüchten, die Trommel des Humanismus wird gerührt: Rettung der afghanischen Hilfskräfte vor den Taliban. So vollendet sich die große Ablenkung vom imperialistischen Handeln am Hindukusch.
Die USA ziehen ihre Truppen aus Afghanistan ab, Deutschlands Politikeliten scheinen bemüht, die Lücke zu schließen. Das macht Sinn: Wer sich in Großmachtfantasien suhlt, der begnügt sich nicht mit Streichhölzern, wenn er die Fackel in die Hand nehmen kann.
Wenn Afghanistan etwas deutlich zeigt, dann ist es die existenzielle Bedeutung von kritischen Gegenstimmen.
Alle politischen Ereignisse haben eine Vorgeschichte, egal ob Putsch, Revolte oder Krieg. Das Ende wird nur selten vom Zufall bestimmt. Das gilt auch für das Land am Hindukusch, wo geopolitische Weichen gestellt werden, deren globale Bedeutung sich im Nebel abzeichnen.
Aus dem Spektakel am Hindukusch werden keine Lehren gezogen. Der große Konsens des politischen Lagers besteht in der Annahme, dass die Strategie richtig gewesen sei und man allenfalls taktische Fehler mit gravierenden Auswirkungen zugelassen habe.
Die US-Streitkräfte und ihre Verbündeten ziehen aus Afghanistan ab, die Taliban sind bereits in Kabul. Ist Afghanistan ein Super-GAU für die westliche Welt? Zweifel sind angebracht. In seiner neuen Podcast-Serie versucht unser Autor Klaus Hecker die Geschehnisse in die gesamtpolitische Lage einzuordnen.